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Die Fußball-WM 2010 im Huckbook / Tag 6

Bei Chile vs. Honduras gab es bei uns im Büro afrikanischen Pamp mit Karotten und Kochbanane zu Mittag. Da haben wir uns für ein paar Minuten wie richtige Afrikaner gefühlt. Ein paar Minuten mal nicht wie angestrengte Deutsche mit Deadlines, Befindlichkeiten und schwarz, rot, goldenen Außenspiegelkondomen.

Diese Beflaggung und jetzt die Bekondomung, das war ja vor Jahren noch so ein Nazischock. Wenn Leute in ihrem Garten die deutsche Fahne gehisst hatten, dann fand ich das schwierig. Im Zweifelsfalle waren das natürlich Nazis. Dann während der WM 2006 (im eigenen Land) dachte ich mir, dass mich eine Fahne, gleichwelchen Landes, überhaupt nicht anficht. Ich empfinde weder Ehrfurcht noch Stolz, auch keinen Hass, ich empfinde überhaupt nichts für eine Fahne. Es tut mir ja auch leid. Aber dann wird das Thema hochgekocht. In Twitter und Facebook lese ich immer wieder, wie schlimm die Leute das finden und wie chauvinistisch und weltgeneserisch und dass jetzt auch die „Bullenschweine“ ihre Kraftfahrzeuge beflaggt hätten und dass das ja dann nur noch ein kleiner Schritt zur SA sei. Alles Schweine und so. Ich habe heute ein paar dieser „Bullenschweine“ gesehen. Sie hatten sich diese hawaiianischen Kunstblumenkränze in unseren staatstragenden Farben um den Hals gehängt. Sie sahen dabei gar nicht aus wie Schweine, auch nicht wie Nazis und, viele wird das überraschen, auch nicht wie Nazischweine. Sie sahen aus wie zwei fröhliche Polizisten, die unseren Club (DFB-Auswahl) supporten und ansonsten ihrem Job nachgehen. Ich glaube diese Einschätzung ist realistisch. Ich würde mir jetzt keine Flagge an mein Auto hängen, die Frau fände das auch nicht schön, sagt sie, aber ich finde das okay, wenn andere das machen. Schließlich regen sich die Rechten ja über diese Volksbeflaggung ordentlich auf, was mir gefällt, wenn sie sich aufregen. Von wegen Entweihung von nationalen Symbolen und so. Nationale Symbole können mich mal. Wichtig wäre jetzt nur, nicht überzuschnappen und die Weltherrschaft anzustreben. Wir sollten lieber brav weiter unsere Autos bauen (vielleicht zur Abwechslung mal mit ökologisch sinnvoller Motorisierung) unsere Gässchen kehren, ordentlichen Wein keltern und gutes Bier herstellen und die Klappe halten. Das Anfeuern, mitfiebern, das schwarz, rot goldene Phänomen ist ja überhaupt nicht das Problem.

 

Als wir uns später Schweiz gegen Spanien reinzogen, da war ich froh, dass ich keine Ahnung von Fußball habe. Mir hat das Spiel Spaß gemacht, auch wenn es wohl unabänderbar ist, dass alle Italien sein wollen. Diese einschläfernde Rumstehen, hinten alles zumachen und dann schwupp die wupp ein Tor, wenn alle längst einen narkoleptischen Anfall nach dem nächsten haben. Weiß ich nicht. Das gilt bei Fachgreisen sicher als genial und gut gemacht, aber wie soll das weiter gehen? Als ob die Leute das nicht merken. Aber die Leute merken ja ohnehin so gut wie nichts. Die Leute wählen ja auch dreimal hintereinander Roland Koch zum Ministerpräsidenten. Am Ende hat die Schweiz gewonnen und Fred fand aber die Spanier top banana und ich habe ja eh keine Ahnung.

 

Und am Ende des Tages war ich dann traurig, denn die Urus schickten die Bafana Bafana mit 3:0 nach Hause. Also sie schickten sie nicht nach Hause, weil sie ja schon zu Hause sind. Sie ließen sie einfach zu Hause stehen. Noch nie ist ein Gastgeber bei einer WM ausgeschieden.

Aber es wird wohl nicht zu ändern sein. Das wird ja dann noch dröger da in Südafrika, alle spielen wie Italien und die Afrikaner sitzen zu Hause vor dem Fernseher. Ach herrjeh.

 

 

 

(Foto von ohaoha / flickr.com)

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