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Das bin ich mal wieder

Ich häng in Twitter rum. So wie damals die Bekloppten im IRC, Compuserve-Chat oder Second Life. Spastisch aus der Wäsche kukken im Web 2.0 und dann kukk ich noch Germanys Next Topmodel und ein Kaninchen tanzt mir auf der Nase rum. Das hört sich nicht unbedingt nach Boheme an. Aber nach was dann? Der Groszkotz hat heute gesagt, er träfe draußen auf der Gasse immer wieder diese normalen Menschen und die sagen dann so normale Sachen, aber, so sagt er, das höre sich so immer so falsch an, da habe man auch keine Orientierung. Das kann ich nachvollziehen. So viel kann ich noch nachvollziehen, normal bin ich wohl nicht und da soll keineswegs kokett sein. Ich weiss es nicht anders. Ich bin irgendwie von Komischheit durchdrungen. Es fällt mir sogar selbst auf. Den ganzen Tag komisch zu sein, fällt irgendwann auf. Zwischen diesen Anwandlungen arbeite ich ca. 12 Stunden am Tag für Royalkomm und Stijlroyal. Ich unterhalte die Finnin mit Aufmerksamkeiten und Schmonz. Manchmal fahre ich Auto. Wenn ich alleine in der Karre sitzen, empfinde ich Glücklichkeit. Dann singe ich Songs, deren Texte ich nicht im geringsten kenne. Laut. Dann fahre ich rüber nach Mainz, abends geht dort ganz exklusiv die Sonne unter, in dieser komischen Stadt. Sonst sitze ich hier zuhause oder im Büro und denke nach. Wie kann man es machen, dass es noch lange so knackt wie jetzt? Ich schaue mir Wohnungen in Berlin an, für unser Berlin-Projekt. Ich frage mich ob Friedenau wirklich irgendwas bedeutet oder ob es der Osten sein muss oder doch wieder Kreuzberg, meine alte Liebe. Draussen auf dem Balkon sitzen, MBP auf dem Tischchen und tippen. Draussen läuft die berlinerisch gekleidete Generation Umhängetasche vorbei und wähnt sich lässig in der Gestaltung des fremdbestimmten Lebens. Von hier oben sieht das putzig aus. Der letzte Schrei wohnt in einer WG mit Klo auf dem Gang, in echt sieht das scheiße aus, die ganze Zeit und nachts arbeiten, aber sich das Leben nicht leisten können. Ich hoffe die Generation Umhängetasche ist noch jung. Wenn Du 30 bist, verliert das an Würde so zu leben und da gehts nicht ums Geld allein. Können Sie mir folgen? Eben noch bei Twitter und nun schon wieder Kulturpessimismus pure. Ach ich kann nicht anders. Wenn ich hier reinschreibe, also mehr also 5, 6 Zeilen, dann springt das. Es ist nur ein Gedanke. Der erste Gedanke war Twitter, das hat seine Gründe zur Zeit. Zum Beispiel hat @mspro hier ein Gedanke aufgeschrieben. Kulturpessimismus warf man ihm vor, er verwehrte sich dagegen. Aber was soll das Gerede vom Ende von Twitter? Das Ende von was wäre das? Ich bin ja nun kein Early Adopter, habe am 18. März 2008 das Twittern aufgenommen und verirrte mich in Follower und 140 Zeichen. Ich habe da gesessen und auf englisch getwittert und kam mir blöd vor. Dann schrieb ich tatsächlich, was ich gerade mache. Irgendwann hatte ich Twitterkumpels. Twitter ist ein offensives Panoptikum und Bühne, dieses Prinzip bleibt. In irgendeiner Form, aber es bleibt.

Big Brother war so ein Format, da hat ein TV-Sender für sich interessante Charaktere mittels Schnitt und tendenziöser Berichterstattung so in Szene gesetzt, wie es für Quote sinnvoll war. Bei Twitter geht das nicht. Jeder regiert sich selbst und doch wieder nicht. Wie sich Eitelkeiten und Unterficktheit, fahle Arroganz und Clownsfrühstück die Klinke in die Hand geben, ist zur Zeit die unterhaltsamste Form von Kommunikation, abseits der direkten, mit echten Menschen, zur gleichen Zeit, im gleichen analogen Raum. Und um ehrlich zu sein, das hatte die letzte Zeit auch seine Längen. Das Leben findet kommod im Internet statt. Man muss nicht reisen. Man kann sich reindenken und doch habe ich noch das Gefühl dafür, dass das zu wenig wäre und irgendwie auch krank. Man will kein Mitleid ernsten auf dem mühsam bestellten Acker der Sozialkontakte. Man muss irgendwie ein Gefühl für Realität, Würde und Selbstironie erhalten, sonst geht es nicht. Auf Twitter Leute kennenlernen ist so eine Sache, die ist gut. Die ist nicht so kontakbörsenesque, nicht so heischerisch, so zwingend. Sie ergibt sich. Wenn es Menschen gelingt, gut gemacht Welten zu erschaffen, die sie entweder inszenieren oder leben, dann will ich da mehr wissen. Dann ist es auch ein bißchen Verantwortung, nichts dramatisches, aber dennoch eine Ansage. Man freundelt, meinetwegen kumpelt man auch, daher ist das be- und entkumpeln manchmal auch ein Wehmutstropfen in den Tümpel heimeliger, aber vermeindlicher Gemeinsamkeit. Die hysterischen Schreie derer, die dann empört skandieren Twitter sei doch nur Spaß, haben mögicherweise auch sonst im Leben keine besondere Haftung an irgendwas und irgendwem. Ein bißchen Haftung ist jedoch nicht verkehrt. Wenn man was will voneinander, wenn man partizipieren kann voneinander. Dann freue ich mich auf ein Treffen in diesem echten Leben. Zum Beispiel mal auf Twitterlesungen mit den Leuten da einen oder 20 Whisky/Cola zu trinken. Freundschaften knüpfen ist oft nur ein kleiner Schritt. Ich kenne mich nur ein bißchen aus mit Freundschaften im Jahre 2009. Freundschaften waren früher ein Zeitding. Lange Zeit gemeinsam gehen war Freundschaft, manchmal auch Liebe. Heute könnte das anders sein. Das Eis ist aber auch dünner geworden. Man muss es können und abkönnen. Wenn mir Menschen in echt was vortanzen mit Ihren Täschchen und skurrilen Erscheinungen, mit ihren ordniären Geländefahrzeugen wo gar kein Gelände ist und ihrer hässlichen Haut, den Blick nicht standhalten könnend, halt Leben, dann ist das nicht immer besser, als wenn es gilt im Internet die pure Gedankenwelt aufzubauen und dann zu entscheiden. Selten will ich Hüllen haben. Es sollen Kerle sein und Weiber, die ihre Schnute öffnen können und wo kein brisanter Müll herauspurzelt, sondern Inhalt, Witzigkeit, Wortwitz und konservierte Kindlichkeit, Bildung auch, was verstehen von der Kunst und vom Sein. Das kann ich checken, in den vielen Momenten aus 140 Zeichen und ich kann mir die Brut zusammensuchen und ich muss ihr nicht laufend zuhören, weil sie ja auch ihre Schwächen und ihre lauen Momente hat. Das kann ich machen, weil wir d´Accord sind, weil wir wissen, dass wir nicht ständig aufmerksam und gebannt vor der Zeitleiste sitzen und weil es kein Chat und kein Telefonat ist, weil Fragen nicht direkt gestellt, sondern an die Allgemeinheit gerichtet werden. Manchmal hört einfach niemand zu. Manchmal ist auch einfach nicht interessant, was man da selbst schreibt. So ist es auch Kommunikation, wenn man nicht immer einen Backchannel einfordert. Und es ist eine Welt, die zwar nicht die Probleme löst, aber man kann sie wunderbar formuliert der ganzen Welt zur Verfügung stellen und sich so ein Googleleben lang zum Affen machen

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