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Baby, es gibt re:is

Da willl ich mal versuchen meine Gedanken zum Event zu sammeln. Also re:publica, das ist die Social-Media-Konferenz in Berlin, die vom 1.-3. April 2009 zum dritten Mal stattfand und von der ich vor einem Jahr bei Twitter laß und mir irgendwie blöd vorkam, dass ich nicht dabei war. Ein Gefühl, was in mir ausgerottet zu sein schien. Dieses „dabei sein müssen“ muss ich nicht mehr. Aber da dachte ich, diesmal fahre ich mal hin. Und so packte ich das Kaschperle und die Finnin in meine Westernarzttasche und brach auf nach Berlin. Der Frühling und eine Grippe waren ausgebrochen und so gaben sich Glückseligkeit und Fieberwahnträume die Klinke in die Hand. Ich aß pharmazeutische Erzeugnisse und musste mir 851mal die Nase putzen, 512mal husten, hatte insgesamt 11 Stunden Kopfschmerzen und meine Stimme klang wie ein rostiges Scheunentor. Dafür hatten wir aber eine schöne Wohnung in akuter Hörweite der Zionskirche.

Und die re:publica? Die ging so: Immer wenn ich Johnny Häusler sehe, empfinde große Freude, denn er ist ein prima Entertainer und scheint ein guter Mensch zu sein, dessen schöne Ironie mit sich selbst und der versagenden Technik ein prima Bimmelbähnchen durch mein Zuschauergemüt fährt. Wir saßen in diesem Raumschiff Friedrichstadtpalast. Ganz hinten irgendwie links, je nachdem. Erwartungsgemäß musste ich mich in die Sesselchen quetschen, aber das wusste ich ja bereits, als ich diese Riesenpizza meine Lebens aß. Einige aus Twitter bekannte Menschlichkeiten traten an mir vorüber, ich wollte winken, doch ich tat es nicht, denn ich war zu diesem Zeitpunkt schon 42 Jahre alt.
Endlich saßen fast alle, da betrat eine gewisse Petra Müller die Bühne. Leider konnte ich nur erahnen, was sie mir sagen wollte, was ich aber nur sage, damit man mir keine Ignoranz zu Menschen vorwirft, denn ich konnte es noch nicht mal erahnen. Darauf folgte wieder Johnny Häusler und dann John Kelly. Da waren alle begeistert, ich natürlich nicht, denn was scheren mich die Blögge im Ausland, wenn ich noch nicht mal weiss, was mir die Blogger im Inland sagen wollen. John Kelly war aber okay. Inhaltlich… ach lecken Sie mich doch am Arsch.

Und so ging das weiter. Der größter Blogger aller Zeiten, flötzte sich rüpelig in seinem Sessel und blökte mehrfach durch den Saal, was ihm alles „auf den Sack“ geht, andere Superblogger hatten auch was zu meckern, aber letztlich gings jedem, glaube ich, nur um sich selbst. Und sicher ist das auch das ganz große Ding. Denn im Internet, das ja für alle gemacht ist und ein basisdemokratisches Werkzeug sein könnte, vielleicht auch ist, da ist die Freiheit, die man sonst nie hat, so zu sein, wie man will. Mehr als alles andere. Bewertungsmaschinen wie Technorati oder diverse Charts haben aus dieser Idee einen Wettbewerb gemacht, der dieser Sache nicht gut tut und schließlich gings ums Geld. Das ist allerdings der Weg, den alles Zeitliche segnet. Durch die Masse an Teilnehmern, die relativ frei agieren kann, ist eine Steuerung kaum möglich. Deshalb, und da waren wir alle einer Meinung, ist es die Tat, die zählt. Einfach machen, das jeweilige regelt sich von selbst. So ist das Internet und so funktionieren die sozialen Netzwerke. Es entscheidet kein Führer oder eine ausgeklügelte Technik, es entscheidet die Masse oder das Fernbleiben jener. Die zackig runtergerasselten Dos and Donts des Gerrit van Aaken, was man beim Blog- oder Webdesign tun oder lieber lassen sollte, waren mir ein Rätsel. What shalls?! Man sollte den Menschen die Möglichkeit lassen, ihre Erfahrungen zu machen.

Bei Christiane Link vom Blog Behindertenparkplatz ging es um digitale Indentität und was Facebook mit französischer Philosophie verbindet. Da wird schnell klar, dass Gehirn einschalten, soweit vorhanden, immer noch von Vorteil ist. Das ist so in der Welt da draussen und das ist natürlich auch bei allem Handeln und Darstellen von Dingen und sich selbst im Internet. Dieser Umstand wird oft mit großem Erstaunen als Mahnung formuliert. Menschen, die freiweilig bei wer-kennt-wen.de Bilder posten, auf denen sie in ihrem eigenen Erbrochenen das Ende der Party und der Menschwürde verpasst haben, sind bei all diesen Diskussionen ohnehin nie anwesend. Also mahlen die Mühlen nur ihr eigenes Korn. Und, dass man die Kirche im Dorf lassen sollte, wenn es darum geht, was der Arbeitgeber alles so im Internet lesen könnte. Bei allem Spaß und diversen abstrusen Äußerungen, fällt mir nichts ein, was ich je selbst ins Internet hineingeschrieben habe, das nicht aushaltbar ist und wer mich so nicht will, der soll doch bitte zu dem Typ da drüben gehen und dem das Ohr abkauen. Was das jetzt alles mit der französischen Philosophie zu tun hat, habe ich vergessen.

Und dann habe ich auch schon nichts mehr zu erzählen. Da muss man dabei gewesen sein. Der Rest ist stille Post. Und ich war ja auch noch krank und wir hatten Pflichten. Wenn ich heute, zwei Tage später darüber nachdenke, was geblieben ist, dann ist das in erster Linie die Sonne, die so zauberhaft am Firmament funkelnde und es ist der staubige Parkplatz, der in hervorragender Entfernung zum Veranstaltungsort das Zuhause unseres dezenten Fahrzeuges war. Und wieder die Sonne. Es war plötzlich Frühling. Da waren alle gut gelaunt. Und so kaufte sich jeder ein Poken und pokte wild durch die Gegend. Eine nette Idee, die natürlich, da wären wir nicht in Deutschland, gleich auch wieder vermiesepetert wurde.
Doch ich möchte kein Klagelied singen. Mir ist die Freundlichkeit der Teilnehmer in Erinnerung geblieben, der gute Geist der Häuslers, die Luft der Kalkscheune, das sitzen auf der Treppe vor dem Friedrichspalastes, dass Nils Bokelberg, man muss es leider sagen, ein guter Entertainer ist, dass Sascha Lobo obwohl er erfolgreich ist (viele können es gar nicht glauben), ein angenehmer unaufdringlicher Zeitgenosse ist, dass die taz einen besseren Kaffee kocht, als die Kaffeeköche des Friedrichstadtpalastes, dass @mspro unwirklich weiche Hände hat, dass die Menschen unser Magazin ganz schön uncool fanden, dass @PickiHH besser englisch spricht als ich, dass ich bisher noch nie einen Twitter-Follower traf, der letztlich dann doch unagenehm war, dass @Katti winzig klein ist, aber sehr freundlich, dass ich mich auf Berlin freue wie ein @HappySchnitzel und vor allem, dass solche Veranstaltungen in erster Linie dazu dienen Menschen zu treffen, die man im Internet kennengelernt hat um sich davon zu überzeugen, dass der echte, analoge Kontakt noch lange weiterleben muss, weil sonst alles nichts ist.

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