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Die Fußball-WM 2010 im Huckbook / Tag 22/23

Deutschland vs. Spanien // Halbfinale

 

Erst fand ich’s blöd, dass die deutsche Mannschaft verloren hat. Dann dachte ich mir, dass es viel schlimmer gewesen wäre, wenn sie richtig peinlich gespielt hätten. So wie bei den Europameisterschaften 2000 und 2004. Oder noch blöder, sie hätten wieder mit Schwalben und halbklaren Elfmeterentscheidungen die gesamte Meisterschaft gewonnen. Ach, das will man doch nicht mehr. Damit macht man sich doch nur unglücklich. Lesen Sie doch mal hier. Verstehen Sie, was ich meine?

 

Und dann soll ich jetzt was schreiben, schreibt man mir. Endlich. Es ist doch schon fast übermorgen. Ich muss doch was schreiben. Ich hatte schon keine Lust mehr über Holland vs. Uruguay zu schreiben. Eigentlich habe ich mich gefreut, dass Holland ins Finale eingezogen ist. Wegen Robben und van Bommel und weil sie’s längst mal verdient hätten. Aber diese Häme, dieses Moffengesabbel. Ach, das nervt doch auch. Trotzdem bin ich für Holland am Sonntag. Die Spanier haben natürlich einen guten Fußball gespielt. So perfekt und glatt und ohne Ecken und Kanten. Im Abschluss ein bisschen zu verspielt und dann auch unklar. Aber immer in dem Bewusstsein, dass er eines Tages schon rein geht, der Ball. Und so kam es dann auch. Standardsituation. Ecke auf die Perücke von ausgerechnet Puyol und schwupp di wupp Kartoffelsupp, war die Sache gelaufen. Das war in diesem Moment schon klar und ich dachte mir nur, wie die Frau dann traurig sein wird und die langen Gesichter der anderen und nix mit Sommermärchen und schon gar nicht mit Sommermärschen, was mir ganz recht ist. »Grein« dachte ich und nix mit Aufschwung und dann dachte ich was ganz anderes:

 

Aufeinmal war mir klar, dass es so sein musste. Diese sympathischen Jungs im Schnitt 24 Jahre und noch so jung wie die Erbsen auf dem Erbsenacker, was soll denn aus denen werden, wenn die jetzt schon Weltmeister werden. Die müssen erstmal ran, die müssen erstmal mehr 7,5 Spiele miteinander spielen. Die müssen sich erstmal blind verstehen und die müssen erstmal irgendwie 11 Freunde werden. Kumpels sind sie ja schon. Sie haben die Herzen der ganzen Welt erobert. Die Afrikaner schwärmen und selbst der blöde Netanjahu. Die Engläder, die Italiener… ist das nicht schön? Ich glaube ich habe schonmal erzählt, wie man früher im Ausland vor mir auch gerne mal lässig abgehitlert hat. Und wie man immer steif und Friedrich II-mäßig rüberkam und wie immer dieser allzeitige Gary Linker-Spruch (»Football is a simple game; 22 men chase a ball for 90 minutes and at the end, the Germans always win.«), der alle Mühen so unsagbar unelegant im Sande versickern ließ. Die hatten ja recht. Man denke doch an die Zeiten von Kohl-Spusie Hans-Hubert Vogts und wie alles nur so irgendwie im Modus des Beleidigtseins abgewickelt wurde. So pikiert und mit direkten Verbindung zu Bild und Konsorten und Fußballern die Phil Collins und Eros Ramazotti gehört haben und die mit Badelatschen und Pornobalken in der Stadt rumliefen. Das ist jetzt alles anders. Das sind Jungs, da würde man gerne auch mal ein paar Worte mit denen wechseln.

Es wäre komisch gewesen, wenn die jetzt die Spanier besiegt hätten. Das hätte nicht gestimmt und so war ich irgendwie leer und verbraucht nach dem Spiel, aber ich fand das gut. Es war verdient, beiderseits. So fairmäßig.

 

Und dann stehst Du am nächsten Morgen auf und die Sonne scheint und Du hast ja noch was zu Essen im Haus und machst was mit Design als Beruf (na Du jetzt vielleicht nicht, aber ich schon) und die Frau ruft von der Arbeit an und quiekt fröhlich ins Telefon. Leute rufen an und wollen von uns „was schönes gemacht“ haben. Das ist doch auch ein Sommermärchen. Ein anderes haben wir doch nicht. Auf Merkel und ihre Kumpels können wir nicht setzen. Machen wir es selbst. Reden wir uns heiß, gehen wir raus und rein und schaffen was großes und auch kleines. Kehrt doch zum Beispiel mal den Gehweg, die komischen Leute von gegenüber werden sich freuen.

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