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Die Fußball-WM 2010 im Huckbook / Tag 20

BRASILIEN vs. NIEDERLANDE

 

Die Zeiten ändern sich. Als sich Ronald Koeman 1988 nach dem Halbfinalspiel Deutschland vs. Holland mit dem Trikot des schlausten Fußballspieler aller Zeiten den Hintern abwischte, war eigentlich alles klar und man hatte sich bereits auf 100 Jahre Abneigung eingerichtet. Die Lamaaktion im Achtelfinale bei der WM 1990 untermauerte dieses Gefühl dann noch und so entlud sich dann 2002 die aufgestaute Aversion bei uns knallharten Hooligans in dem Smash Hit „Ohne Holland, fahr’n wir zur WM“. Doch insgeheim fand man immer, die Holländer spielen so schön Fußi, die müssten doch auch mal wieder was gewinnen. Sie gewannen aber nichts, weil sie eben mit 11 hervorragenden Individualisten auf dem Platz standen, man aber im Fußball mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung besser fährt, als mit Zaubertricks. Man mochte die Holländer wieder, weil sie schön spielten, aber zum Glück nicht gewannen. Hihihi!

Als dann im Jahre 2009 Louis van Gaal Trainer beim FC Bayern wurde und unseren Bayernblock (Schweinsteiger, Müller, Lahm, Klose*) in selbstbewusste Zaubergazellen verwandelte und mit niederländischen Spielern wie Mark van Bommel und Arien Robben zwei lässige Hunde in die Gehirne der Deutschlandfreaks pflanzte, da waren sie wieder wer, die Holländer. Und als sich die Holländer dann im Viertelfinale von den Brasilianern nicht den Sneijd abkaufen ließen, da war ich und meine Twitter-Timeline ganz aus dem Hoischen. Ich finde es ja schon immer bahnbrechend, wenn vermeintliche Hardcore-Favoriten ausscheiden. Das hat dann was von Hubertus von Hohenlohe nur eben mit Gewinnen.

 

UND DANN GHANA vs. URUGUAY

 

Meine Frau, das kaltherzige Monster, drückte doch tatsächlich den Urus die Daumen, obwohl sie doch wissen musste, dass es hier um das nackte Überleben eines „ganzen“ Kontinents ging.

Das Spiel war dann auch so wie viele dieser Spiele. Aber dann in der ca. 120sten Minute, da schoss Ghana beinahe das 1:0, aber der Luis Suarez hielt nicht nur einfach seine Hand, sondern gleich den ganzen Arm hin und so gab es zur Belohnung eine Rote Karte und Hand- bzw. Armelfmeter. Und dann stand Asamoah Gyan („Für den sind wir, weil der bei Schalke spielt“) da. Das Tor winzig klein, der Torwart so groß wie der Scheinriese Tur Tur und natürlch der „ganze“ Kontinent mit all seinen Farben, Strömungen, Riten, Mythen, mit all der Armut, der nicht kaputtbaren Hoffnung und all dem, was wir uns so vorstellen unter dem was Afrika so für Sorgen hat und eben der komplette Kontinent, das stand alles da mit offenem Mund, angehaltenem Atem und pochendem Herzen und so stand auch der kleine Herr Gyan da und dachte womöglich noch einen kleinen Moment, dass es das ja jetzt ist und dass man am besten einfach mal draufhält, auf den Ball und auf das Tor und der Rest erledigt sich dann von selbst. Aber ein Elfmeter ist noch kein Tor und so rappelte der Ball mit voller Wucht an die Latte und noch bevor Asamoah Gyan verstand, was da nun passiert ist, segelte der Ball schon wieder über ihn, in Richtung Spielfeld, wo seinerseits die Uruguayer jubelnd umherfielen.

Und dann war die Zeit der Verlängerung abgelaufen und es kam zum Äußersten: zum Elfmeterschießen, was dann Ghana verlor. Ich sag’s gleich.

Und dann weinten alle und auf Twitter auch. Nur die Frau freute sich, schämte sich aber dafür ein bisschen, weil es ja schließlich um einen „ganzen“ Kontinent ging. Jetzt ist Ghana raus und der einzige Trost den wir Afrikafreaks haben ist, dass vielleicht auch die Vuvuzelas raus sind, aber das ist auch nur eine schwache Hoffnung.

 

(Foto von m.aquila / flickr.com)

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